#1

Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 26.10.2012 19:42
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge
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#2

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 09.11.2012 22:38
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Tag um Tag hatte mir Bastien Emalis geschrieben, doch keine einzige hatte ich beantwortet. Wieso auch, er hatte mir unmissverständlich gezeigt, das er mich nicht in diesem Licht sah und er kein Interesse an mir hatte. Ja die Enttäuschung saß tief und daher konnte ich mich auch nicht dazu durchringen, im zu antworten, auch wenn er sich noch zig Mal entschuldigte. Doch wieso tat er das überhaupt? Hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er dachte, das ich damit nicht klar käme? Um ehrlich zu sein, hatte ich seine Emails nur noch überflogen, denn ich wollte nicht wissen, was er mir zu sagen hatte, vielleicht auch, weil die Wahrheit einfach weh tat. Da hatte ich mich einmal öffnen wollen nach der ganzen Zeit und dann hatte es ausgerechnet bei ihm sein müssen, der mich gar nicht wollte. Tja, da traf das Klischee der dummen Blondine wohl in diesem Fall doch auf mich zu. Durch meine Arbeit hatte ich versucht mich abzulenken, hatte mehr Termine als üblich aufgenommen sodass ich an manchen Tagen bis lange nach Feierabend noch hier gesessen und Patienten therapiert hatte. Zumindest hatte mich das davon abgehalten weiter nachzudenken. Auch heute Abend hatte ich noch einen Notpatienten nach Feierabend hinein geschoben, denn für Notfälle musste ich mir immer Zeit nehmen. Meistens waren das Menschen, die erst vor wenigen Tagen einen Todesfall oder eine Trennung erlitten hatten. Wie es auch war, ich würde heute länger arbeiten und es würde wieder ein Tag vergehen, an dem ich weniger Nachdachte. Meinen Patienten hatte ich nun verabschiedet und so wechselte ich das Sprechzimmer und trank dort erstmal ein Glas Wasser. Das war auch etwas, was ich den Tag über oft vergaß - Essen und Trinken, aber wer brauchte das schon. Seufzend lief ich zum Telefon und sagte Mel am Empfang bescheid, das sie den nächsten Patienten ins Sprechgzimmer schicken konnte. Von weitem hörte ich ihre Stimme. "Mr. Levette, sie dürfen in Sprechzimmer 3." Na dann war ich mal gespannt wer da gleich kommen würde. Wahrscheinlich hätte ich mit allem gerechnet, nur nicht mit ihm.




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#3

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 09.11.2012 23:00
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Eine für mich sehr leise Stimme riss mich aus meinen Tagträumen und ich öffnete überrascht die Augen. Der Name der gerade gerufen wurde, war ja mehr oder weniger meiner, jedenfalls für diesen einen Termin. Sofort stand ich auf, ging aus dem Wartezimmer und dann noch mal am Empfang vorbei. Die Frau hinter dem Schreibtisch bedachte ich mit einem knappen Nicken und schmalen Lächeln, als ich auch schon vor dem besagten Sprechzimmer Nummer drei stand. Ich klopfte an, wartete einen Moment und trat dann leise hinein. Amelie saß in einem der Sessel und war gerade noch damit beschäftigt ein paar Notizen zu schreiben, während ich die Türe fast geräuschlos hinter mir wieder schloss. Mir blieb ein kurzer Moment um sie unbeobachtet zu mustern und mir fiel auf, dass sie müde und blass aussah. Vielleicht zu viel Arbeit um die Ohren. Das machte ich ja auch ganz gerne, mich in die Arbeit flüchten. Ich trat einen Schritt näher, räusperte mich kurz und wartete dann bis zu dem Augenblick als sie aufsah. Unsere Blicke trafen sich und was ich da aus ihren Augen lesen konnte, war wohl nicht gerade so etwas wie Wiedersehensfreude. Na gut, was hatte ich auch erwartet, schließlich waren keine Antworten auf meine eMails eben doch auch eine Antwort. Ich ließ langsam beide Hände in meine vorderen Hosentaschen gleiten und zog dabei ein wenig die Schultern nach oben. Meine Wunden und Schrammen im Gesicht waren fast vollständig geheilt, nur ein Kratzer über der einen Augenbraue erinnerte noch an die vorherige Platzwunde. Ach ja, der Abend an dem so viel passiert ist. Während ich sie so ansah, wurden alle Erinnerungen auf einmal wieder präsent. "Hey...", brachte ich hervor und sah sie dabei mit einer Mischung aus Verlegenheit und kühler Zurückhaltung an, "....ich denke, wir haben einen Termin", ergänzte ich dann noch.

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#4

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 09.11.2012 23:13
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Wer auch immer dieser Patient war, er musste schon ziemlich alt sein, denn niemand brauchte so lange zu den Räumen, was mir aber noch etwas Zeit gab ein paar Notizen aufzuschreiben. Auch ich konnte mir nicht alles merken und daher sah ich auch zuerst nicht auf, als es leise an der Türe klopfte. "Kommen Sie doch bitte herein", sagte ich in einem freundlichen und sanften Tonfall, während mein blauer Kuli immer noch über das Blatt huschte. Auch wenn alles leise geschah, so bekam ich doch mit, das sich die Türe öffnete und jemand den Raum betrat. Einen Moment ließ ich ihn noch warten, dann schlug ich den Ordner zu und legte diesen auf den Tisch. Erst jetzt hob ich meinen Blick um mein Gegenüber zu begrüßen, ein warmes Lächeln auf den Lippen, wie ich es immer hatte, denn meine Patienten sollten sofort das Gefühl haben, da sie hier Sicher waren, genauso wie das, was sie mir erzählen wollten. Doch als ich Bastien erkannte, der hier im Zimmer stand, verschwand das Lächeln und auch jegliche Farbe, die ich noch im Gesicht gehabt hatte. Was machte er hier? Er konnte das unmöglich ernst meinen. Hatte er mich nicht schon genug gedemütigt und mir gezeigt, was er dachte? Und jetzt stand er auch noch hier und das unter einem falschen Namen, denn er hatte gewusst, das ich ihn so niemals empfangen hätte. Für einen Moment sahen wir uns nur an, keiner wusste was er sagen sollte, vor allem ich nicht, denn ich hatte ja aus einem guten Grund seine Emails nicht beantwortet. Er hatte zu mir gesagt, das es besser war, wenn wir uns nie wieder sehen würden und genau das hatte ich befolgen wollen. Wenn man es so sah, war ich nur seinen Wünschen nachgekommen, obwohl er das gar nicht verdient hatte. Was sollte ich jetzt nur tun? Innerlich war ich verwirrt über diesen Auftritt, doch ich schaffte es eine neutrale Miene aufzusetzen und auf das Sofa mir gegenüber zu deuten. "Setzen sie sich doch." Er wollte einen Termin bei mir? Bitte, den konnte er haben. Ich nahm meinen Notizblock und den Stift zu mir, so wie ich es bei jedem Patienten tat um mir wichtige Notizen zu machen, sodass ich nochmals drauf eingehen konnte, wenn es mir relevant erschien. An meiner Mimik konnte man mir nichts anmerken, das es mich verwirrte ihn zu sehen und das es schmerze, jedoch verrieten mich meine Augen. "Was kann ich denn für sie tun? Erzählen sie mir von ihrer Situation."




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#5

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 09.11.2012 23:30
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Ihre Mimik war steinern und kühl, so kannte ich Amelie noch gar nicht. War das etwa ihre professionelle Seite? Die andere gefiel mir etwas besser. Aber gut, ich war selbst daran Schuld und hatte dieses Spielchen begonnen und so sollte es mich nicht wundern, dass sie darauf einstieg. Meine Stirn zog sich in kleine Falten, als sie mich aufforderte mich zu setzen, doch typisch für mich folgte ich dieser Aufforderung nicht sofort. Stattdessen lief ich hinüber zum großen Fenster und warf einen Blick hinaus auf den immer dunkler werdenden Himmel über Paris. Im Moment drehte ich ihr den Rücken zu, doch konnte ich ihre bohrenden Blicke ganz genau spüren. Und wieder kam es mir vor, als würden ihre Blicke tiefer sehen können, was mir einen plötzlichen und unangenehmen Schauder den Rücken hinunter laufen lies. "Von meiner Situation?", wiederholte ich ihre Frage und schnaubte leise vor mich hin. Dann drehte ich mich herum und setzte mich ihr gegenüber ohne ihr vorerst in die Augen zu sehen. Ich dachte kurz über die Worte nach, die ich wählen wollte, aber in dieser Angelegenheit war sie ganz klar im Vorteil. "Ich bin ziemlich durcheinander. Mache seltsame Dinge, die ich vor ein paar Wochen noch für unmöglich gehalten hätte. Und ich kann es mir rein gar nicht erklären.", antwortete ich dann schließlich, wobei mein Tonfall klar und sicher wirkte und ich keinerlei Miene verzog. Noch immer begegnete ich ihrem Blick nicht und hoffte, sie würde einfach auf ihren Notizblock starren, doch aufsehen wollte ich auch nicht. Ich war nach vorn gebeugt und stützte die Unterarme auf meinen Oberschenkeln ab, während ich beide Handflächen aneinander rieb. Mal sehen wie viel ich erzählen würde. Ich wollte es auf mich zukommen lassen, je nachdem wie sie mit mir umging. Vielleicht war diese kühle und distanzierte Art dabei ganz förderlich.

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#6

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 09.11.2012 23:45
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Was bezweckte Bastien mit seinem Auftritt hier? Was wollte er mir damit beweisen? Ich konnte es rein gar nicht einschätzen und das verunsicherte mich mehr als alles andere. Bei meinen Patienten wusste ich, was ich zu erwarten hatte, aber nicht bei ihm. Keiner meiner Patienten hatte sich je meiner Aufforderung sich zu setzten wiedersetzt und das passte mir gar nicht. Wenn er schon hier war, dann spielten wir dieses Spiel nach meinen Regeln und nicht nach seinen. "Genau, von ihrer Situation." Auch wenn ich innerlich angespannter war als je zuvor, wollte ich wissen, was er zu erzählen hatte. Äußerlich geduldig wartete ich, bis er sich endlich gesetzt hatte und auch wenn ich sonst mit meinen Patienten Blickkontakt hielt, so konnte ich das bei ihm einfach nur aushalten. Ihn anzusehen und Gefahr zu laufen, das er mich ebenfalls ansah, war mir viel zu riskant und daher sah ich eher an ihm vorbei oder hinunter auf meinen Notizblock. Sollte ich mir etwas von ihm notieren? Nein, denn alles was er sagte, das würde ich mir auch so merken können. "Verwirrtheit bringt oft solche Zustände mit sich, bei denen man sich sein Verhalten rein gar nicht erklären kann. Was für Dinge sind es, die sie tun und die sie so durcheinander bringen? Was weicht von ihrem Leben ab, das sie bis jetzt geführt haben?" Ohja, wenn ich eines war, dann professionell. Sogar in dieser Situation konnte ich mein Gesicht wahren und einfach das durchziehen, was ich am besten konnte. Auch wenn mir nach Schreien zumute war. Ich wollte ihn anschreien für sein Verhalten an dem besagten Abend bei mir, das er mir Hoffnungen gemacht hatte, nur um mich dann eiskalt fallen zu lassen. Er hatte dasselbe Spiel mit mir gespielt, das ich auch mit ihm gespielt hatte, doch er hatte damit ein anderes Ziel verfolgt. Ich hatte den Wunsch gehabt ihm nahe zu sein, er hingehen hatte mich von sich stoßen wollen. "Sie können hier offen sprechen. Alles was sie sagen bleibt auch hier." Obwohl ich mir in seinem Fall da nicht so sicher war. Dies hier war etwas persönliches zwischen und und hatte rein gar nichts mit meiner Arbeit zu tun und doch saßen wir hier und hielten sozusagen eine Therapiestunde ab.




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#7

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 00:06
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Mir war die Situation unangenehm, was man wohl daran fest machen konnte, dass ich jeglichen Augenkontakt scheute. Doch hatte ich mich selbst in diese Lage gebracht und so durfte ich mich nun darüber auch nicht beklagen. Ich atmete noch einmal tief ein und ließ mich dann zurück in die Couch sinken, auf der ich saß. "Ich weiß es nicht...", wich ich ihren Fragen aus und strich mir mit der Hand über das Gesicht, ehe ich den Arm neben mir auf der Rückenlehne ausstreckte. Ein paar wenige Sekunden verstrichen und natürlich schwieg sie derweil, schließlich würde sie eine solche Antwort unmöglich durchgehen lassen, das wir mir voll und ganz bewusst. Bevor ich von neuem begann, hob ich meinen Kopf an und musterte sie, wie sie doch tatsächlich auf den Notizblock vor ihrer Nase stierte. "Ich mache mir Gedanken über andere Menschen...ich glaube, das nennt man sich Sorgen machen.", nach meinem letzten Wort verzog ich genervt das Gesicht und ergänzte dann weiter, "...jedenfalls bin ich das nicht gewöhnt. Denn eigentlich habe ich niemanden über den ich mir ernsthaft Sorgen machen könnte." In diesem Moment musste ich an meine Eltern und meine Schwester denken und das war ein schmerzhafter Gedanke, der mir einen festen Stich in der Brust versetzte. Meine Kieferknochen spannten sich an und mein Blick, der auf Amelie gerichtet war, wurde fester. Ich seufzte und sprach dann etwas lauter, aber vor allem bestimmter, "Und jetzt sieh mich endlich an und hör mit diesem albernen Gesieze auf!" Auch auf meinem Platz hatte ich Mühe still zu sitzen und rutschte auf der Couch wieder etwas weiter nach vorn.

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#8

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 00:31
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Wie viele Patienten wich auch er natürlich aus und behauptete, das er es nicht wissen würde. Wie ich das liebte, denn die meisten wussten es ganz genau, wollten aber nicht mit der Wahrheit rausrücken. Doch seine Worte überraschten mich dann doch, denn damit hätte ich nicht gerechnet. Waren ihm solche Gefühle etwa nicht bekannt? "Ja das nennt man 'sich Sorgen machen'..." Natürlich entging mir nicht, wie er sich anspannte und das sagte mir, das hinter der ganzen Sache noch viel mehr stecke als ich gedacht hatte. Er hatte also niemanden um den er sich je hätte Sorgen machen müssen. Naja mal davon abgesehen das ich das hätte auf mich beziehen können sagte mir das auch, das er anscheinend keine Familie mehr hatte oder er sich nicht sonderlich gut mit ihnen verstand. Ging es darum etwa hier? Wollte er jetzt allen ernstes sein Verhalten darauf schieben, das er sich sonst auch nicht um jemand kümmern musste? Nein, das ließ ich nicht durchgehen, nicht bei ihm. Immer noch sah ich meinen Block an, nicht wissend, was ich nun machen sollte, auch wenn ich doch sonst immer Antworten und Tipps wusste. Aber da ging es immer um andere und nie um mich selbst. Plötzlich wurde seine Stimme lauter und das veranlasste mich endlich aufzublicken und ihm in die Augen zu sehen. "Du wolltest es doch nicht anders! Du hast dir hier doch einen Termin geben lassen unter einem falschen Namen! Und so arbeite ich nun mal!" Ohne es zu wollen brach etwas in mir und ich sprach einfach das aus, was mir auf der Seele brannte. "Du hast mir an dem Abend bei mir deutlich genug gezeigt, das du kein Interesse an mir hast. Du hast mit mir gespielt, nur um mich nachher zurück zu weisen. Wolltest du das? Warst du die ganze Zeit nur darauf aus mich zu demütigen? War das sowas wie die Retourkutsche für das was in der Boutique passiert ist? Bitte, es ist dir gelungen. Und dann schreibst du mir auch noch jede Menge Emails, das es dir Leid tun würde. Wolltest du checken ob ich damit klar komme? Sieht man doch." Ja man sah es mir an wie sehr ich nicht damit klar kam, aber das wollte ich nicht laut aussprechen. Nun stand ich auf und stellte mich zum Fenster, sodass ich hinaus auf den Park sehen konnte. "Ich habs kapiert, dass das für dich alles nichts zu bedeuten hatte und nur Spaß für dich war. Deswegen hättest du nichts extra her kommen brauchen..."




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#9

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 20:45
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Meine Augen weiteten sich, als sie endlich reagierte und das tat sie wirklich, denn die Worte die aus ihrem Mund nur so heraussprudelten, ließen mich tief schlucken. Darum ging es also? Sie war verletzt, weil ich damals die Situation zwischen uns nicht ausgenutzt hatte? So sah ich es nämlich. Und scheinbar war das schlichtweg das Gegenteil davon, wie sie meine Reaktion auffasste. Mit offen stehenden Mund starrte ich ihr entgegen und ließ ihre weniger netten Worte über mich ergehen. Alles was ich jetzt wohl sagen würde, würde sie nur noch mehr und mehr verärgern. Daher verbot ich mir vorerst selbst das Wort und musterte sie nur still schweigend, wobei ich die Überraschung in meinem Blick nicht wirklich verbergen konnte. Sie stand auf, ging hinüber zum Fenster und wich somit aus meinem direkten Blickfeld, doch ich selbst ließ sie nicht aus den Augen. Ihre Worte stimmten mich sehr nachdenklich, aber einen wirklich klaren Gedanken konnte ich trotzdem nicht fassen. Wieder fühlte ich mich so, als ob ich mich aus einem inneren Impuls leiten lassen sollte. Völlig absurd - das wäre es noch vor ein paar Wochen gewesen, doch in der letzten Zeit, eigentlich genau seitdem ich Amelie kannte, war das regelrecht zur Gewohnheit geworden. Während sie scheinbar eindringlich das Geschehen außerhalb des Gebäudes zu mustern schien, stand ich nun endlich auf und bewegte mich mit langsamen Schritten auf sie zu. Ich konnte nicht einschätzen, ob sie mich gerade überhaupt wahr nahm, denn viel zu verbissen versuchte sie mich offensichtlich zu ignorieren und aus ihren Gedanken zu streichen. Diese Tatsache fühlte sich überhaupt nicht gut an und ich fühlte mich unbehaglich. Wieder etwas, das ich viel zu lang verdrängt hatte. Sie sagte, ich hätte nicht extra kommen brauchen, aber ich war doch nich hier her gekommen, um sie zu verletzen. Ich war hier, damit sie mich besser verstehen konnte und deshalb, weil es mir wirklich Leid tat. Nun stand ich direkt hinter ihr. Die Kälte die von ihr ausging, konnte ich regelrecht spüren. Vielleicht waren da noch zehn Zentimeter Abstand zwischen uns, jedenfalls berührte meine Nasenspitze beinahe ihr blondes Haar an ihrem Hinterkopf. "Als ich die Nähe zwischen uns nicht weiter zu gelassen habe, wollte ich dich nicht verletzen. Ganz im Gegenteil...", sprach ich leise und ganz vorsichtig vor mich hin. Kurz hob ich eine Hand, wollte sie berühren, doch ich traute mich nicht. Die negative Spannung zwischen uns war noch zu groß und ich wollte keine Grenze überschreiten.

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#10

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 21:09
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Es war besser das ich hier am Fenster stand, denn so musste ich ihn nicht direkt ansehen, doch ich konnte sehr wohl seinen Blick auf mir spüren. Seit ich aufgestanden war ließ er mich keine Sekunde aus den Augen, sagte aber auch nichts zu mir, da er vielleicht über meine Worte nachdachte. Vielleicht aber auch nicht und er überlegte nur, wie er am besten aus dieser ganzen Situation wieder heraus kam. Sonst stellte es für mich nie ein großes Problem dar in Leuten zu lesen, doch Bastien war wie ein verschlossenes Buch, dessen Seiten sich mir einfach nicht öffnen wollten. Was ging nur in diesem Mann vor? Und was wollte er wirklich? Ich war der Meinung, das er nur gekommen war, damit er sein schlechtes Gewissen beruhigen konnte und jetzt noch viel mehr, da er auch noch zu sehen bekommen hatte, das es mir schlecht ging. Wieso lies ich das eigentlich so nah an mich heran? Wieso konnte ich diesen Mann nicht einfach vergessen und zu den Akten legen? Ehrlicherweise konnte ich es mir nicht erklären, es war einfach so, das er mir unter die Haut ging und ich das Gefühl einfach nicht mehr los wurde. Egal wie unverschämt oder barsch er sich gegenüber mir verhalten hatte, es gab einen Funken unter der Oberfläche, zumindest hatte ich das Gefühl gehabt, das es so war. Immer noch ging mein Blick hinunter auf die Straße, doch eher war es so, das ich nichts was dort unten geschah wahr nahm. Mir war es schlichtweg egal, denn ich hatte viel größere Probleme, direkt hier in diesem Sprechzimmer. Plötzlich konnte ich Bastien direkt hinter mir spüren, es fehlte nicht mehr viel zu einer Berührung und seine Wärme drang durch meinen Rücken und begann mich leicht zu wärmen. Das ich Kälte ausstrahlte, das lag nicht nur daran, das ich versuchte mich abzuschirmen sondern daran, das mir tatsächlich kalt war und ich es einfach nicht mehr aus meinem Körper hinaus bekam. Seine Worte drangen an meine Ohren, wozu er gar nicht laut sprechen musste, denn ich hätte auch jedes Wort verstanden, wenn er es geflüstert hätte. So drehte ich mich langsam zu ihm um, den Abstand beibehaltend, sodass unsere Nasenspitzen sich fast berührten und ich sah ihm in die Augen. "Was wolltest du dann damit bezwecken? Denn eigentlich sollte dir doch bewusst sein, das Frauen sich nicht gerne zurückweisen lassen." Und schon gar nicht, wenn es so offensichtlich gewesen war. Natürlich war ich nicht nur auf Sex aus gewesen, denn so war ich nicht gestrickt. Bastien weckte mein Interesse, was bis jetzt noch kein Mann so geschafft hatte, gerade weil er so war, wie er war, aber auch er musste seinem Gegenüber Signale geben wie er fühlte oder was er wollte und wie er sich verhalten hatte, hatte mir das Signal gegeben das er es nicht wollte.




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#11

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 21:39
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Aus dieser Situation hier und jetzt konnte ich nicht mehr fliehen, nicht so einfach wie am damaligen Abend bei Amelie zu Hause. Und ich wollte es auch gar nicht mehr. Ich hatte keine Lust dazu wieder die Türe zu meinem Innersten zu schließen, jetzt wo sie sich langsam aber sicher wieder allmählich zu öffnen schien. Wenn auch nur einen kleinen Spalt breit, aber vielleicht würde Amelie rechtzeitig etwas unternehmen und es mir so leichter machen. Und dann tat sie es bereits, indem sie sich einfach herum drehte und mir so den letzten Abstand nahm, denn ich noch zwischen uns zu wahren versuchte. Ich konnte ihren Atem spüren, als sie mit mir sprach und ich selbst bemühte mich um Kontrolle und zügelte meine wohl immer schneller werdenden Atemzüge. Während ich für einen Moment die Augen schloss, um über ihre Frage nachzudenken, biss ich fest beide Kiefer aufeinander. Ich konnte ihr in diesem Augenblick nicht in die Augen sehen, denn ihr Blick fühlte sich für mich so durchdringend an, dass es fast nicht möglich war einen klaren Gedanken zu fassen. "Deine Nähe löst in mir etwas aus, das ich nur schwer beschreiben kann. Eigentlich kann ich es gar nicht beschreiben.", dieses mal waren meine Worte wirklich nur ein halblautes Flüstern. "Ich fand es furchtbar, dass du dich nicht auf meine eMails gemeldet hast. Ich hasse es mindestens genauso zurückgewiesen zu werden." Das kannte ich zwar nicht von anderen Frauen, doch wies mich seit über zehn Jahren meine bessere Hälfte zurück, meine Schwester. Und dass ich damit nicht umgehen konnte, zeigte umso mehr mein generelles Verhalten. Nun öffnete ich wieder die Augen und erwiderte ihren Blick, der noch immer auf mir ruhte. "Ich wollte mich, egoistisch wie ich bin, vor Fremdem schützen. Das wollte ich damit bezwecken. Und wahrscheinlich wollte ich dich ganz genauso davor bewahren, dich auf mich auch nur auf irgendeine Art einzulassen." Fast ein wenig gespannt versuchte ich in ihren Augen irgendeine Reaktion ablesen zu können und befeuchtete dabei nervös meine Lippen. "Aber scheinbar hättest du es damals riskiert....oder?", ergänzte ich noch zögerlich. Dann machte ich langsam einen Schritt auf sie zu, sodass sie mit dem Rücken ganz leicht an die Glasscheibe des Fensters gedrückt wurde. Nun hob ich ein zweites Mal meine Hand, doch dieses mal zögerte ich nicht und legte ihr diese an den Hinterkopf, den ich ganz langsam hinab fuhr, bis meine Hand sich in ihren Nacken legte.

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#12

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 22:01
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Mit ihm hier so zu stehen, ihm so nahe zu sein, das verwirrte mich weiterhin mehr als alles andere. Was stellte er nur mit mir an? Und was brannte ihm so auf der Seele, das er es nicht einfach aussprechen konnte? Das er Probleme damit hatte wirkliche Gefühle gerade heraus zu benennen, das war mir schon aufgefallen, damals im Park, als er mit meiner Fürsorglichkeit nicht hatte umgehen können. Langsam versuchte ich mich selbst zu beruhigen, versuchte herunter zu kommen und das zu verstehen, was er mir sagte und was in ihm vorging. Wenn ich diesen Kerl verstehen wollte, dann musste ich einfach den Versuch wagen ihn weiter zu analysieren, auch wenn er mir vom Ganzen immer nur die Hälfte erzählte. Nun lauschte ich seinen Worten, nahm sie in mir auf und versuchte mir ein Bild darüber zu machen, wie er das ganze sah. Und an dem was er sagte, konnte ich feststellen, das er es ernst meinte und er wirklich mit der Situation und den Gefühlen die aufkeimten überfordert war, genauso wie ich. Das er es jedoch hasste zurück gewiesen zu werden, das konnte ich mir vorstellen, denn das passierte ihm sicher nicht so oft. Da schoss mir plötzlich ein Gedanken in den Sinn, denn ich unbedingt laut aussprechen musste. "Wieso hasst du es so sehr? Wer hat dich zurückgewiesen, das du das so siehst?" Endlich konnte ich seinem Blick wieder begegnen, denn er öffnete seine geschlossenen Augen und ich sah, das es ihm alles andere als leicht fiel darüber zu reden. "Ja ich hätte es riskiert. Doch um ehrlich zu sein, weiß ich nicht genau wieso ich es getan hätte. Ich versteh es genauso wenig wie du." Jedoch konnte ich anders mit meinen Gefühlen umgehen als er. Da überbrückte er plötzlich auch noch den Restabstand zwischen uns, sodass ich mit dem Rücken gegen das kühle Fensterglas gedrückt wurde während seine Hand in meinen Nacken wanderte. In diesem Moment stockte mein Herz, nur um sofort in einem schnelleren Rhythmus weiter zu schlagen. Seine Nähe wärmte mich, gab mir etwas zurück, was mir in den letzten Tagen gefehlt hatte und dann tat ich etwas ohne noch weiter darüber nach zu denken. Vielleicht war es dumm, vielleicht wollte ich auch nur wissen, ob ich damit ein wenig zu ihm durchdrang, egal wieso, ich beugte mich ein kleines Stück nach vorne um meine Lippen in einem noch zögerlichen und fragenden Kuss auf die seinen zu legen.




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#13

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 22:27
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Ihre Frage danach wer mich zurückgewiesen hatte, löste in mir wieder eines dieser unbehaglichen und beklemmenden Gefühle aus, die ich nur zu gerne zu vermeiden versuchte. Ebenso fiel mir auf, dass ich bisher noch nie mit jemanden darüber gesprochen hatte und ob ich nun dazu bereit war, wusste ich nicht so recht. Daher tastete ich mich vor, ganz langsam, sozusagen Schritt für Schritt und antwortete ihr leise, "Ich habe vor zehn Jahren etwas Schlimmes getan und seitdem bin ich es gewohnt zurück gewiesen zu werden." Und auch wenn ich dieses Gefühl also bereits kannte und wohl mehr als vertraut damit sein sollte, hasste ich es und versuchte es seither zu vergessen oder wohl eher zu verdrängen. Doch in diesem Augenblick schienen ihr meine Launen und Macken egal zu sein, denn sie vertraute sich mir an und dieses Mal wollte ich keinesfalls davor zurück schrecken. Sie beugte sich näher heran und ich wusste ganz genau, was nun folgen würde und daher flog mein Blick zwischen ihren Augen und ihrem Mund hin und her. Ihre Lippen legten sich ganz vorsichtig auf meine und sofort wurde der Druck meiner Fingerspitzen auf der Haut ihres Nackens stärker. Ich schob ihren Kopf mit diesem Griff näher an mich heran und erwiderte ihren Kuss ebenso zögerlich. Unsere Blicke trafen sich und der gleiche fragende Ausdruck lag in unser beider Augen. Kurz war ich verunsichert darüber und hielt in meiner Bewegung inne, wobei sich meine Stirn in kleine Fältchen legte. Doch als wir uns einig zu sein schienen, dass das hier richtig war was wir taten, schloss ich augenblicklich die Augen und somit verschwand auch äußerlich der Zweifel, der eben noch in meinem Blick zu finden war. Meine Lippen bewegten sich mit mehr Druck auf ihren und durch mein Fordern stieg auch die Intensität unseres Kusses. Während mir ein leises Seufzen entfuhr, rutschte meine Hand von ihrem Hals hinab zur Mitte ihres Rückens, wodurch ich sie mit sanftem Nachdruck näher zu mir schieben konnte. Am damaligen Abend hatte ich mir natürlich Gedanken darüber gemacht, wie es sein könnte sie zu küssen und sie zu berühren, doch die Realität ließ die Vorstellungen ganz weit hinter sich. Und ich war froh darüber, es mir nicht mehr einfach nur vorstellen zu müssen.

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#14

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 10.11.2012 22:57
von Amelie Noelle Lacroix • 153 Beiträge

Es überraschte mich sehr, das Bastien mir doch so eine ehrliche Antwort gab, ohne den wahren Grund zu nennen. Aber dies war immerhin ein Fortschritt und so drängte ich ihn auch nicht weiter, denn ich wollte es nicht zerstören, das er sich langsam ein wenig öffnete. Daher ließ ich es so stehen und konzentrierte mich auf viel wichtigere und wesentlichere Dinge. Ich hatte den Schritt gewagt ihn zu küssen, hatten den letzten Abstand überbrückt und auch wenn ich eher damit gerechnet hatte, das er mich wieder zurückweisen würde, so erwiderte er den Kuss, ebenso zögernd wie ich. Er schien sich ebenfalls nicht sicher zu sein, ob ich das hier wollte, daher gab ich ihm mit den Augen zu verstehen, das ich genau das hier wollte und nichts anderes in diesem Moment. Und er schien es zu verstehen, auch wenn ich gedacht hatte, das er zu solchen Kommunikationswegen gar nicht fähig wäre, aber man lernt wohl nie aus. Basien zog mich augenblicklich enger zu sich und meine Augen schlossen sich ganz von alleine um diesen Kuss zu genießen. Es war, als würde eine Barriere zwischen und brechen und wir konnten das tun, was wir schon vor ein paar Tagen hätten tun können. So wanderten meine Hände über seine Arme nach oben und fanden in seinem Nacken wieder zusammen, sodass ich mich noch enger an ihn schmiegen und seinen Körper spüren konnte. Auch ich hatte mich natürlich gefragt wie es sein würde, aber es wirklich zu erleben, das war etwas ganz anderes, als es sich nur vorzustellen. Langsam schob ich Bastien rückwärts, was nicht weiter schwierig war, da ich meine Praxis in und auswendig kannte und erst an der Couch hielt ich an, um ihn leicht nach unten zu drücken. Stehen war dann doch etwas unbequem, vor allem, wenn einem die Knie weich wurden. Als Bastien sich auf der Couch nieder gelassen hatte setzte ich mich auf seinen Schoss, nur um meine Lippen wieder auf seine zu legen und den Kuss erneut in seiner Intensität aufleben zu lassen. Meine Hände lagen auf seiner Brust und ich konnte seinen Herzschlag unter meinen Finger spüren. Das dieser Abend so eine Wendung nahm, das hätte ich mir auf keinen Fall heute Morgen noch vorstellen können und auch nicht, als er hier in meiner Praxis erschienen war. Auch Bastien überraschte mich immer wieder, was mir sehr gefiel.




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#15

RE: Sprechzimmer 3

in Praxis Lacroix 11.11.2012 14:37
von Bastien Delon • 52 Beiträge

Auch wenn ich nicht in der Lage dazu war ihre Gedanken zu lesen, so konnte ich sehr wohl gewisse Blicke deuten und wenn Amelie mich nun mal so ansah, wollte ich meine Gelegenheit unmöglich ungenutzt lassen. Das Gefühl, ihre Lippen auf meinen zu spüren, war besonders und einmalig. Und gerade weil es so gut war, ließ es mich innerlich wieder mal darüber erschaudern, denn es war unheimlich für mich so zu fühlen. Ohne jeglichen Widerstand ließ ich mich zur Couch leiten und fiel langsam in die weichen Polster unter mir. Lange warten musste ich nicht, denn sogleich war Amelie wieder bei mir, sie nahm auf mir Platz und ich legte die Arme um ihre Taille. Ich legte meinen Kopf ein wenig in den Nacken und dann verloren wir uns auch schon wieder in einem zweiten Kuss, der nicht weniger aufregend als der vorherige war. Meine Haut begann zu kribbeln, als ihre Hände meine Brust berührten und auch wenn zwischen ihrer Hand und meiner Haut noch der Stoff meines Shirts lag, so fühlte es dennoch überraschend intensiv an. Eine Hand löste ich nun von ihrer Taille und legte sie dann über ihre Hand, die ganz in der Nähe der Stelle meines Herzens lag. Kurz überlegte ich, ob ich ihren Griff dort lösen sollte, denn der immer schneller und härter werdende Schlag meines Herzmuskels verriet, die in mir aufkeimende Aufregung. Doch ich entschied mich dagegen und streifte stattdessen sanft mit den Fingerspitzen über ihren Handrücken. Nach einer ganzen Weile der Zweisamkeit ertönte das immer lauter werdende Klingeln des Telefons am Schreibtisch gegenüber, das sich zuerst wie aus weiter Ferne anhöhrte, denn was um mich herum in den letzten Minuten auch geschah, hatte ich komplett ausgeblendet. Widerwillig beendete ich langsam unseren Kuss und entfernte mich minimal von ihren Lippen, um meinen Kopf seitlich an ihre Wange zu legen, sodass sich die Haut unserer Wangen zart berührten. Wie konnte ich nur vergessen, dass die Zeit die wir eben miteinander verbrachten ja ihre Arbeitszeit war und sie sicherlich noch anderes zu tun hatte, als mich hier regelrecht zu therapieren, allerdings auf eine ganz spezielle Weise, die scheinbar Wunder bewirken konnte. "Du solltest ran gehen.", sagte ich leise nachdem ich endlich zu meiner Stimme zurück gefunden hatte und wies sie, wenn auch zögerlich, auf das läutende Telefon hin.

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